Lukas Huggenberg
stellte das Programm für die zweite Saisonhälfte im Theater an der Grenze vor.
Zahlreiche Lebewesen und Pflanzen sind auf Totholz angewiesen, um zu überleben. Für viele andere ist es eines der wichtigsten Lebensraumelemente im Wald. Daher muss auch im Thurgau das Totholz noch mehr gefördert werden.
Kreuzlingen Für etwa ein Viertel aller im Wald lebenden Arten ist das Totholz überlebenswichtig. Darunter fallen rund 2'700 Grosspilze, 150 Flechten- und 1'700 Käferarten sowie zahlreiche Insekten. Zusätzlich sind auch Vögel, Fledermäuse und Reptilien betroffen, die sich wiederum von den totholzbewohnenden Insekten ernähren. Ruedi Lengweiler, Fachspezialist Biodiversität beim Forstamt weiss: «Jeder gesunde Wald braucht totes Holz.»
Totholz ist aber nicht gleich Totholz. Es wird unterschieden zwischen stehendem oder liegendem und dickem oder dünnem Totholz. Steht der absterbende Baum noch, ist das Totholz trocken und warm und bildet daher einen idealen Lebensraum für Insekten. Ebenfalls werden darin Höhlen gebaut. Es ist ökologisch auch wertvoller wie das Liegende. Bei diesem siedeln sich durch die hohe Feuchtigkeit vor allem Pilze an, was die geringere Menge an Artenzahlen ausmacht. Ähnlich ist es beim dicken und dünnen Totholz, wobei das Dicke länger als Substrat verfügbar und daher wertvoller ist.
Bäume können uralt werden. Nach durchschnittlich 120 Jahren werden die meisten jedoch gefällt, da sie dann am wertvollsten sind. «Eine Eiche könnte zwischen 800 und 1'400 Jahren alt werden, eine Buche 350 bis 400 Jahre», vergleicht Lengweiler. Die Bäume würden also bereits im jugendlichen Alter gefällt werden, wodurch der Bestand an Totholz im Thurgau sehr niedrig sei. «Um die Arten zu schützen, die auf Totholz angewiesen sind, bräuchte es zwischen 30 und 50 m3 pro Hektar Totholz im Wald. Und das zu jeder Zeit und in jeder Form», sagt der Kreisforstingenieur Erich Tiefenbacher. Im Thurgau sind es aktuell lediglich 13 m3 pro Hektar, also ein klares Defizit. Das liege unter anderem aber auch an dem niedrigen Waldbestand im Kanton, der gerade Mal 20% der Gesamtfläche ausmache. «Den Wald, den man hat, will man schliesslich auch nutzen», fügt Tiefenbacher hinzu. Ebenfalls liegt viel Wald in privaten Händen. «Wir haben im Thurgau 8'000 bis 9'000 private Waldeigentümer. Diese machen aus dem Holz beispielsweise Brennholz und verkaufen es. «Sie zu überzeugen, wenigstens einen Teil ihres Waldgrundstücks der Biodiversität zu überlassen, ist nicht einfach», weiss Georg Müller, Präsident ad interim des Thurgauer Waldeigentümerverbandes. Auch die gute Walderschliessung, die wir in unserem Kanton haben, ist mit ein Grund für den geringen Bestand an Totholz.
Wenn ein Baum stirbt, durchläuft er bei seiner Zersetzung drei Phasen. In einer ersten Phase merken verschiedene Lebewesen, dass ein Baum schwächer wird und richten sich dort ihren neuen Lebensplatz ein. Später beginnt der Baum, seine Feinäste zu verlieren, er wird morsch und dürr. Nach und nach blättert auch die Rinde ab. Darunter finden Fledermäuse ein neues Versteck oder Vögel nisten sich ein. In einem nächsten Schritt zersetzt sich der Baum immer mehr und fällt schliesslich zu Boden.
Man bemüht sich insbesondere mit Schutzgebieten, Waldreservaten oder Altholzinseln, den Totholzanteil zu schützen und zu erhöhen. «Von 20'000 Hektar Wald im Thurgau wird bisher bei 414 Hektar (2%) auf die Nutzung des Holzes rechtlich verzichtet. Das heisst, dass an diesen Stellen das Totholz in Ruhe gelassen wird», sagt Lengweiler. Die Verantwortlichen bemühen sich, die Fläche nach und nach zu erweitern. «Viele meinen es sei unordentlich, wenn einfach ein Baum mitten im Wald liegt. Und genau diese Aufräummentalität steht uns im Weg», sagt Tiefenbacher.
Natalie Osterwalder
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