13.02.2025 08:00
Neu: "Tageswohnig Wiifälde"
Morgen, Freitag, findet der Tag der offenen Tür statt
Einmal Durchatmen, Dinge erledigen und dabei zu wissen, dass der oder die Liebste in besten Händen ist - Keine Selbstverständlichkeit für Angehörige von demenzkranken Menschen. Mit der Tageswohnig Wiifälda wird ein neues, ambulantes Angebot geschaffen, das eine Lücke schliessen soll.
Weinfelden Vor einem Jahr wurde der Verein «Tageswohnig Wiifäldä» gegründet. Das Ziel ist es, aktuell maximal vier an Demenz erkrankten Menschen im familiären Umfeld in einer Wohnung in Weinfelden zu betreuen und die Angehörigen so zu entlasten. Diese Vision bewegte Christina Liechti schon lange Zeit. Sie ist Aktivierungsfachfrau und erlebte in der Arbeit wie auch privat den Verlauf der Demenz. «Der Ablauf nach der Diagnose ist meist derselbe », sagt sie. «Es wird mit der ambulanten Therapie in einer Tagesklinik, früher Memoryklinik, begonnen. Irgendwann kommt der Tag, an dem die Krankenkasse nicht mehr zahlt oder der Therapieerfolg stagniert, so dass eine andere Lösung gefunden werden muss», erzählt Christina Liechti. Den Betroffenen stehen zwei Optionen offen: «Die Angehörigen betreuen die demenzkranke Person zu Hause, oder der Umzug in ein Alterszentrum mit Demenzabteilung wird in Betracht gezogen. » Vor allem für die Angehörigen ist dieser Schritt schwierig. Für Menschen mit diesem Krankheitsbild ist ein vertrautes Umfeld wichtig. «Die Familie wächst über sich hinaus, pflegt ihre Liebste oder ihren Liebsten so gut es geht und nicht selten bis zur Erschöpfung.» So lange wie möglich zu Hause zu sein, ist meist das Schönste für Betroffene und Angehörige. Doch irgendwann kommt man an seine Grenzen.
Auf Spenden angewiesen
Ihr Mann Max Liechti unterstützte ihre Idee von Beginn an. So ist er heute Kassier des Vereins. Er versendete über 50 Stiftungsanträge, stellte das Projekt bei nahestehenden Institutionen, dem Kanton und der Stadt Weinfelden vor. Diese war begeistert von der Initiative und ermutigte die Beteiligten, die Idee umzusetzen. Er konnte genügend Stiftungsbeiträge sammeln, dass der Betrieb der Tageswohnig Wiifäldä bis Ende 2026 gesichert ist. «Wir sind ein Defizitbetrieb und sind auf Spenden angewiesen. Einzig die Pflegenden erhalten einen Lohn. Die restlichen Vereinsmitglieder arbeiten ehrenamtlich.»
Schwierige Wohnungssuche
Der Verein beantragte die Steuerbefreiung und die Betriebsbewilligung als sogenanntes Kleinheim. «Wir sind hier in einer Nische drin. Im Thurgau gibt es nur etwa zwanzig Kleinheime, die meisten betreuen aber junge Menschen in schwierigen Situationen.» Vergleichbare Konzepte gebe es nur in Amriswil, Sulgen und Frauenfeld. Die fast grösste Herausforderung stand aber noch an: Eine geeignete Wohnung zu finden. «Seitens der Vermieter trat uns Skepsis entgegen. Wenige haben Erfahrung mit Menschen mit einer Demenzerkrankung. So mancher dachte sich wohl, ‘wen holen wir uns da ins Haus’?». So hängte Max Liechti ein Inserat an verschiedenen Stellen in Weinfelden aus. Daraufhin meldete sich ein Mieter, der einen Nachmieter suchte. Der Verein bewarb sich für diese Wohnung. «Der Vermieter war über unser Projekt erstaunt und nicht abgeneigt, denn seine Frau ist Oberärztin, Spezialgebiet Geriatrie, im Spital Winterthur.» Sie ermutigte ihren Mann, dem Verein die Wohnung zu geben. Auch wenn diese etwas teurer als geplant ist, sei sie nahezu perfekt und auch mangels Alternativen nahm der Verein das Angebot an.
Alltag in der Tageswohnig
«In der Tageswohnig verbringen die Gäste künftig ein oder mehrere Tage von 9.30 Uhr bis 17 Uhr», so Max Liechti. «Der Kafi am Morgen und das gemeinsame Kochen und Essen gehört wie Zuhause zum Alltag in der Tageswohnung dazu.» Das restliche Programm werde den Ressourcen der Klienten angepasst. «Es wird zum Beispiel erfragt, welche Spiele die Gäste in ihrer Kindheit gerne spielten. Auch die Erinnerungspflege sowie Sinneserfahrungen oder auch Bewegung sind förderlich bei Demenz.» Die Stadt Weinfelden zeigt sich auf Anfrage begeistert von dem neuen Angebot. «Wir begrüssen die Tageswohnig sehr», sagt Roger Stalder, Amtsleiter der Fachstelle für Gesellschaft und Alter. Ein solches gebe es in Weinfelden noch nicht. Auch er erzählt, dass es oftmals nach der Abklärung in der Tagesklinik keine Anschlusslösung für Demenzerkrankte gibt. «Wir hoffen sehr und sind auch zuversichtlich, dass das Angebot genutzt wird.» Bisher haben sich zehn Interessierte gemeldet, welche sich die Tageswohnig Wiifäldä morgen beim Tag der offenen Tür anschauen werden. «Wir freuen uns, wenn wir viele Gäste begrüssen dürfen, welchen wir unsere Räumlichkeiten und das Konzept vorstellen dürfen», so Max Liechti. www.tageswohnig.ch
Von Desirée Müller