04.04.2024 08:42
Tägerwilen hat eine aussergewöhnliche Persönlichkeit verloren
Leider ist unsere Mutter Margaretha Wickli-Strauss Mitte März verstorben, was uns sehr ans Herz geht. Sie war eine liebevolle Mutter, und auch eine bemerkenswerte Persönlichkeit, mit viel Engagement und einer riesigen Portion Nächstenliebe.
Diese Nächstenliebe durften wir von ihr in unserer Kindheit auf eine besondere Weise lernen. Unsere Mutter ging oft mit uns zu älteren, alleinlebenden Bewohnern von Tägerwilen. Dort spielten wir ihnen mit unseren Musikinstrumenten Ständchen. Meine Mutter spielte Geige, mein Bruder Gitarre, meine Schwester Blockflöte und ich durfte auf meiner kleinen Trommel zum Takt mitklopfen.
Besonders liebevoll war sie zu den Kindern des Oberdorfs, deren Schulweg an unserem Haus vorbeiführte. Sie deponierte täglich für jedes Kind ein Zückerli beim Garagenunterstand. So lernten die Kinder zu teilen, denn wenn ein Kind mehr als ein Zückerli nahm, so lagen am nächsten Tag keine da. Dieser Brauch war so alt, dass sogar Eltern ihren Kindern erzählen können, dass auch schon ihr Schulweg von diesen Zückerli versüsst wurde.
Eine längere Zeit, war sie auch als «Botschafterin» der Gemeinde unterwegs. Die Gemeinde informierte sie stets über Neuzuzüger, die sie dann von sich aus besuchte und im Dorf herzlich willkommen hiess.
Auch war sie oft in den umliegenden Altersheimen, um die Bewohner zu besuchen und ihnen Trost zu spenden. Zu Fuss waren unsere Eltern fast täglich auf ihren Spaziergängen zu beobachten, bis unser Vater im Jahr 2022 verstorben ist. Unsere Mutter liebte ihre Ausflüge mit ihrem E-Bike. Ihr Ziel war es, täglich mindestens 10 Kilometer zurückzulegen (im Mai wäre sie 86 geworden). Noch bis Ende 2023 konnte sie diese Ausflüge machen, die sie nach Steckborn, zum Bommer Weiher oder weiss Gott wohin führten. Leider liess ihre Gesundheit nach einem Spitalaufenthalt Anfang dieses Jahres nach und auch die darauffolgende Reha in Berlingen brachte nicht die gewünschte Wirkung. Sie musste auf ihre geliebten Ausflüge verzichten, was ihr einen grossen Teil an Lebensfreude genommen hat. Sie war auch bis zum Schluss bescheiden, so dass sie wollte, dass die Todesanzeige erst nach der Abdankung in der Zeitung erscheinen soll. Sie hat uns jedoch nicht gesagt, dass wir keinen Artikel über sie in der Zeitung veröffentlichen dürfen.
Wir vermissen dich sehr – deine Kinder, Enkel und Urenkel.
PS: Wer weiss liebe Oberdorf-Kinder – vielleicht lohnt es sich auch zukünftig, ab und zu beim Garagenunterstand nachzusehen. Aber denkt daran – jeder darf nur eins nehmen.
Manfred Wickli und Familie